Mit einer Performance am 69. Jahrestag der Pogromnacht erinnerten der Künstler Joachim ?Bommel? Fischer und die Studentin Petra Klatte im Kulturhaus Pusdorf an die Vorgänge am 9. November 1938. Damals fand die Verfolgung der der jüdischen Bevölkerung im Dritten Reich ihren ersten grausamen Höhepunkt. In der ?Reichskristallnacht? wurden in Deutschland zahlreiche Synagogen in Brand gesetzt und jüdische Geschäfte zerstört. Etwa einhundert Jüdinnen und Juden wurden in jener Nacht ermordet, viele weitere verletzt oder gefangen genommen. Allein in Bremen kostete dieser Pogrom fünf Menschen das Leben. Fischer verkörperte in der Performance einen Beamten, der am Schreibtisch saß und im aktuellen Bremer Telefonbuch blätterte. Ausländisch klingende Namen las er vor, notierte sie auf Karteikarten, stempelte sie ab und legte sie beiseite. Dann strich er den entsprechenden Namen im Telefonbuch mit einem dicken, schwarzen Stift durch. Während sich dieser Vorgang fortlaufend wiederholte, las Petra Klatte in chronologischer Reihenfolge Gesetzestexte und andere Dokumente aus dem Dritten Reich vor. Diese zeigten auf, wie sich die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung immer weiter zuspitzte und schließlich in die ?Endlösung? mündete. Am Ende der Performance nahm der Beamte alle Karteikarten und warf sie in einen Papierkorb. Nach einem Blick in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland schmiss er auch dieses den Karteikarten hinterher. Die Darbietung endete mit dem Verbrennen der Dokumente. Mit ihrer Performance erinnerten Joachim ?Bommel? Fischer und Petra Klatte an die menschenverachtenden Vorgänge im Dritten Reich. ?Es geht uns darum, uns und anderen Menschen vor Augen zu führen, wie die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung damals schrittweise gesteigert wurde?, sagt Klatte, die Studentin der Erziehungswissenschaften ist. ?Die Verfolgung und Ermordung war ein bürokratischer Akt. Auf Gesetze folgten Verordnungen und so wurden Jüdinnen und Juden zunehmend entrechtet, bis sie völlig rechtlos waren. Was damals getan wurde, darf nie vergessen werden und sich erst recht nie wiederholen?. Fischer spannt den Bogen zur Gegenwart: ?Leider sind aber Neofaschisten mit ihrer fremdenfeindlichen Ideologie wieder auf dem Vormarsch. Sogar in vielen Landesparlamenten sind sie schon vertreten?. Joachim ?Bommel? Fischer gehört wie Petra Klatte zur Pusdorfer Friedensgruppe. Beide engagieren sich schon seit langem gegen Neofaschismus und Fremdenfeindlichkeit: ?Wir wollen auch darauf hinweisen, dass in einer weltoffenen Gesellschaft Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben.? Leider bereite aber die Politik zum Teil durchaus den Boden für den aufblühenden Rechtsextremismus. Steigende Arbeitslosigkeit und zunehmender Sozialabbau führten dazu, dass AusländerInnen als Sündenböcke angesehen würden. Klatte und Fischer bedauern, dass das Asylrecht im Laufe der Jahre ausgehöhlt worden sei, was Wasser auf die Mühlen der Neofaschisten gewesen sei. Flüchtlingen sei es seit der Einführung des Artikels 16a im Grundgesetz im Jahre 1993 fast unmöglich, Zuflucht in Deutschland zu finden. ?Deutschland darf sich aber nicht vor Flüchtlingen abschotten, sondern ist schon aufgrund seiner Geschichte geradezu verpflichtet, ihnen zu helfen. Viele Menschen haben schließlich das Dritte Reich nur durch Aufnahme im Ausland überlebt?. [IMG]http://www.pusdorf.de/Performance-I.jpg[/IMG] [I]Foto: pv[/I]